Ich bin gerade zurück aus Chamonix, wo ich mit Henning eine Woche bergsteigen war. Wir haben zwar nicht alles geschafft, was wir uns vorgenommen haben, aber das war bei so ambitionierten Plänen auch nicht zu erwarten gewesen. Ich bin immer noch ganz begeistert von den Eindrücken.
Hier eine Liste der Touren:
Samstag: Cosmiques-Grat, AD, IV+, 350m
Eine schöne Eingehtour direkt von der Cosmiques-Hütte aus. Der Fels ist gut, wird aber wegen der kombinierten Passagen meist mit Steigeisen geklettert. Die Schlüsselstelle ist kurz, für den Schwierigkeitsgrad aber schon ein bischen schwer und ausgesetzt, jedoch gut abzusichern. Die Wackelige Leiter in die Seilbahnstation der Aiguille du Midi am Ende war auch nochmal aufregend.
Sonntag: Mont Blanc du Tacul Normalweg, PD
Unsere Akklimatisationstour am nächsten Tag führte uns den ersten Teil des Anstiegs auf den Mont Blanc entlang. Die Nordwestflanke des Mont Blanc du Tacul ist technisch ziemlich einfach, aber wegen der Seracs und lawinengefährdeten Schneehänge sollte man sich nicht unnötig aufhalten. Dazu kamen noch einige Blitze mit sehr kurz darauf folgendendem Donner. Wir drehten um und stiegen wieder ab. Nach 10 Minuten klarte jedoch der Himmel schlagartig auf und wir gingen wieder die Flanke hinauf.
Der eigentliche Gipfel des Tacul ist ein unerwartet steiler Felsaufbau, den wir links umrundend erkletterten, was ziemlich ausgesetzt war. Zurück zur Schulter haben wir dann abgeseilt. Durch die Nähe zur Hütte war die Tour auch nicht so lang und wir hatten noch den Nachmittag, um ein wenig Mittagsschlaf zu halten, denn der Wecker war auf 0:40 gestellt für den nächsten Tag.
Montag: Mont Blanc Überschreitung, Les très Mont Blancs und Abstieg über die Gouter-Route, PD+
Nach dem Frühstück, oder eher Mitternachtssnack, ging es auf den erstaunlich warmen Gletscher und durch die schon am Vortag erkundete Nordflanke des Tacul. Der Firn war hartgefroren und angenehm zu gehen, meine gute Kondition vom Vortag jedoch irgendwie nicht wiederzufinden. Auf der Schulter des Tacul angekommen, war die erste der 3 Treppenstufen zum Dach Europas geschafft. Nun führte die von den Stirnlampen zahlreicher anderer Aspiranten erleuchtete Spur hinab in den Col du Maudit und über eine weitere Firnflanke und eine 50º Eiswand, in der uns besonders die Bergführer mit gefährlichen Überholmanövern erschütterten, hinauf zum Col du Mont Maudit. Dort kamen uns die auch ersten Sonnenstrahlen entgegen. Es wehte ein starker, eisiger Wind. Am Col du Brenva hatten wir dann einen gigantischen Ausblick auf die umliegende Bergwelt in einem vielfarbigen Sonnenaufgang.
Die letzten 500 Höhenmeter zum Gipfel des Mont Blanc zogen sich dann jedoch schon ganz schön hin. Das gehen am Seil wegen der Gletscherspalten verhinderte, dass jeder sein Tempo gehen konnte. Am Ende zählte ich Schritte und Hyperventiliere bewusst, man merkt die Höhe doch sehr. Damit bin ich genausoschnell wie Henning, der aber ein gleichmäßiges Tempo gehen möchte, zum Glück ist es nicht mehr weit bis zum Gipfel. Oben angekommen ist schon eine ziemliche Ansammlung von Bergsteigern vom Normalweg anzutreffen, man beglückwünscht sich und macht Fotos.
Der Abstieg erfolgt auf dem Normalweg, wir gehen den Bosses-Grat herunter, überholen immer wieder andere Seilschaften und weichen entgegenkommenden aus. Es sind auch viele unzureichend ausgerüstete Leute unterwegs, teilweise ohne Steigeisen und Pickel. Wir nehmen noch den flachen Gipfel des Dome du Gouter auf einem kurzen Umweg mit und steigen zur Aiguille du Gouter ab. Dort wird die Gletscherausrüstung am Rucksack befestigt und es geht über einen felsigen Steig hinab. Dies ist der gefährlichste Teil des Anstiegs, denn es muss das Grand Couloir gequert werden, eine berüchtigte, steinschlaggefährdete Rinne. Der Abstieg des Steigs geht auf einem Rücken am Rande der Rinne entlang. Im Couloir ist es ruhig, es ist auch noch vor um 12, wir sind schnell gewesen. Plötzlich ein grollen rechts von uns. Es hagelt Unmengen von Steinen das Couloir hinab, ein kühlschrankgroßer Block verfehlt nur um Haaresbreite eine Gruppe von Leuten, die 100m unter uns riskanterweise gerade Pause gemacht haben. Wir sind ziemlich erschrocken und beschließen zügig durch diese Gefahrenstelle zu gehen. Immer wieder machen wir unter Überhängen in geschützter Lage Pause.
Durch die eigentliche Rinne sprinten wir halb hindurch und sind ziemlich froh, aus der Gefahrenzone zu sein. Den Rest des Abstiegs können wir uns nun Zeit lassen. Henning verliert noch seinen Eispickel, muss zürück und ich sonne mich und genieße die mitlerweile angenehmen Temperaturen. Wir gehen auf einem steilen Wanderweg hinab zur Zahnradbahn am Nid d'Aigle. Der nächste Tag ist Ruhetag, danach folgen zwei Tage auf dem Zeltplatz mit schlechtem Wetter.
Samstag: Grand Capucin Schweizerführe, TD-, 6b, A0, 400m
Wir wollen am Freitag zur Torino-Hütte auf der italienischen Seite. Durch technische Probleme der Seilbahn (es hat ziemlich viel geschneit), verzögert sich unsere Anreise und wir wandern zur Akklimatisation durch die umliegende Gletscherlandschaft. Am nächsten Tag ist unser Ziel der berühmte Gand Capuchin, ein schwerer Gipfel, nicht durch seine Höhe, aber durch seine seilen, abweisenden Felswände.
Wir wollen die Schweizerführe in der Südwand klettern, den einfachsten Weg auf den Gipfel, im Vorstieg mit 6b in dieser Höhe zu schwer für mich, aber Henning bringt das. Wir steigen über Felsen rechts eines markanten Couloirs ein und gewinnen im einfachen Gelände rasch an Höhe. Die erste Richtige Seillänge beginnt dann schon einmal mit einigen delikaten Zügen im 6a-Bereich. Es sind einige Seilschaften über und unter uns. Der Fels ist einfach nur fantastisch, so schön habe ich noch nie geklettert. Dazu kommt die gigantische Aussicht. Henning versteigt sich einmal, muss an einem Keil ablassen und traversierten. Ich steige die einfachereren Seillängen zwischendurch vor, eine ist 5+ und ziemlich ausgesetzt, die Wand stellt sich immer weiter auf. Die Linie ist weitestgehend logisch und orientiert sich an Rissen und Verschneidungen. Die Schlüsselseillänge ist ein toller Handriss, steil und mit dem Rucksack auf dem Rücken im Nachstieg sehr anstrengend. Ich muss mich zum mühsamen entfernen einiger Klemmkeile ins Seil setzen um beide Hände benutzen zu können. Einen Keil müssen wir trotzdem zurücklassen.
Danach folgen zwei technische Seillängen, eine ausgesetzte Querung unter einem Dach. Das ungewohnte technische Klettern macht Spaß, Henning gibt mir reichlich Techniktipps. Wir sind ziemlich langsam, der Sonne erreicht den Fuß des Turms und wir wissen, dass wir uns beeilen müssen. Die letzten Seillängen sind dann aber einfach und genussvoll und mit den letzten Sonnenstrahlen erreiche ich den Gipfel. Es folgt langes Abseilen über die Wand, ich lasse dummerweise mein Abseilgerät fallen und muss mittels HMS weiter abseilen. Die Seile krangeln. Mit dem letzten Tageslicht erreichen wir den Bergschrund, wo wir unsere Rucksäcke deponiert haben. Erst 23:30 sind wir wieder in der Hütte.
Am nächsten Tag wollten wir eigentlich auf den Dent du Géant klettern, aber wir beschließen diese Aktion sein zu lassen und lieber gemütlich zum Col du Midi zu wandern, um da unsere letzte Nacht im Mont Blanc-Gebiet auf dem Gletscher zeltend zu verbringen. Der Kocher geht noch kaputt, aber Ingenieure wissen sich ja zu helfen... Am nächsten Tag geht es mit der Seilbahn wieder ins Tal und von dort aus nach Hause.