Nach fast drei Wochen Trubel habe ich nun endlich mal Zeit gefunden, wieder einen Blogartikel hier zu schreiben. Es haben sich auch schon so viele Leute nach Fotos von Jamaica und generellen Neuigkeiten erkundigt dass es langsam Zeit wurde euch mal wieder auf den letzten Stand zu bringen.
Am Samstag (20. März) fuhr uns Zach in aller Frühe zum Flughafen, es folgte der übliche Flugreise-Trubel, wir hatten 4h Aufenthalt in Atlanta. Im Endeffekt sind wir dann Abends um 8 im Flughafen in Montego Bay, Jamaica angekommen. Den Flughafen zu verlassen war wie gegen eine Wand zu laufen, es war unglaublich schwül und warm - wir sollten das die nächsten Tage noch zu spüren bekommen.
Nach einer Stunde warten auf den Busfahrer (war uns irgendwie schon klar dass in der Karibik alles etwas anders läuft) ging dann die Fahrt an der Küste entlang zu unserem Hotel in Negril los. Autofahren in Jamaica stellte sich als etwas völlig anderes heraus, als man das bei uns so gewohnt ist. Nicht nur das Fahren auf der linken Straßenseite, ein Überbleibsel der Englischen Kolonialzeit, sondern eine Kombination aus mehreren Faktoren liessen mich - im Gegensatz zur immer noch gejetlagten und friedlich in meinem Arm schlummernden Julia - kein Auge zumachen. Zum einen sind die Straßen sehr eng (der Effekt wird wohl noch verstärkt wenn man gerade ein halbes Jahr die breiten US-Straßen gewohnt ist), was aber niemanden davon abhält das was man normalerweise als sinnvolle Geschwindigkeit bezeichnen würde um das doppelte zu überschreiten. Überholen ist an der Tagesordnung (auch für unseren großen Bus) und man lässt sich durch so nebensächliche Kleinigkeiten wie nicht einsehbare Kurven oder Baustellen keineswegs davon abhalten. Die Hupe wird geradezu inflationär benutzt, sei es um das Überholen anzukündigen, seinen Ärger über einen langsamen Fahrer vor einem Ausdruck zu verleihen, jemanden am Straßenrand zu grüßen, jemandem der einen gerade Überholt seinen Unmut klarzumachen oder andere Fahrer darauf hinzuweisen dass sie auf der falschen Straßenseite fahren.
Irgendwann war aber auch die Busfahrt zu Ende und wir bezogen unser Hotelzimmer. Julia zeigte sich sehr angenehm überrascht, hatte sie doch aufgrund des niedrigen Preises schlimmes befürchtet. Glücklicherweise war aber alles sauber und bequem und wir fielen auch bald erschöpft vom ganzen Reisen ins Bett und freuten uns auf den nächsten Morgen.
Nach einer kurzen Erkundung der Umgebung (das Hotel lag etwas abseits vom ganzen Trubel, nicht am Strand, sondern an ca 3m hohen Kalkstein-Klippen), beschlossen wir ein Hotelfrühstück zu uns zu nehmen und dann den Strand von Negril zu erkunden. Das traditionelle Jamaikanische Frühstück besteht aus einer sicher nicht für jeden geeigneten Kombination aus Saltfish (Salzwasserfisch je nachdem was gerade so gefangen wurde), Reis, roten Bohnen und einem selbst unserer Obst/Gemüseexpertin unbekannten Frucht, deren Name ich schon wieder vergessen habe (A... irgendwas).
Wir nahmen also das kostenlose Hotelshuttle zum Strand und lagen ein paar Stunden in der Sonne herum. Julia legte sehr großen Wert darauf dass ich mich überall eingecremt hatte, dazu aber später mehr :) Irgendwann überkam uns dann wie erwartet der Hunger, ausserdem hatten wir ja noch nichts vom kleinen Städtchen Negril gesehen und mussten auch dringend Geld abheben. Nachdem dies erledigt war ging es wieder zurück an den Strand, Julia lag im Schatten und ich besorgte bei einer nahe gelegenen Strandbar ein paar Cocktails und später sogenannte Jamaican Patties, scharfe, exotisch gewürzte fleischgefüllte Teigtaschen. Irgendwann reichte es uns jedoch und wir fuhren zum Hotel zurück und genossen den Sonnenuntergang. Vor dem Schlafengehen bemerkte Julia dann dass ihre Beine ziemlich rot waren weil sie komplett vergessen hatte mit Sonnencreme zu behandeln, es folgte ein tierischer Sonnenbrand der uns noch ein paar Tage beschäftigen sollte.
7 Mile Beach
Negril River mit Negril Hills im Hintergrund
an diese Wasserfarbe könnte man sich gewöhnen ... Den nächsten Tag verbrachten wir dann im Hotel, Julias Sonnenbrand hatte sich nämlich zu einem Monstersonnenbrand entwickelt, mit dem sie kaum laufen konnte vor Schmerzen. Ich erkundete in der Zwischenzeit schwimmend die Gewässer um das Hotel, holte Aloe-Vera Eisspray und Jerk Chicken zum Essen.
Jerk Chicken ist ein traditioneller jamaikanischer Snack und die Zubereitung ist etwas eigenwillig. Man nehme ein altes Ölfass (saubermachen nicht vergessen), schneide 1/4 davon parallel zur Rotationsachse heraus, mache Scharniere an das viertel so dass es als Klappe funktioniert, entfache ein Feuer inmitten dieser Apparatur und gebe ein gerupftes, ausgenommenes Huhn da hinein. Das Huhn wird zuvor mit einer geheimen Mixtur aus verschiedenen Scharfen Kräutern und Salz eingerieben. Jetzt lässt man das ganze eine Weile vor sich hinräuchern/grillen und dann nimmt man es heraus, zerhackt es mit einer Machete, übergießt es mit einer noch schärferen Sauce - dem Jerk - und serviert es mit Brot oder Reis. Ja, es schmeckt so lecker wie es klingt und ist an Saftigkeit und Zartheit jedem regulären Grillhähnchen überlegen. Ein Foto des Ganzen kommt später.
Am nächsten Morgen weckten uns Wellen, die gegen die Klippen schlugen - das Wetter war schön, aber es wehte ein ziemlich starker Wind und an Baden war erstmal nicht zu denken. Unser Ziel für diesen Tag war ein etwas abgelegenerer Strand - der Half Moon Beach. Das wussten wir aber noch nicht, denn eigentlich wollten wir uns die etwas näher nahegelegene Bloody Bay anschauen, wo 1720 der berühmte Piratenkapitän John Reckham gefangen genommen und hingerichtet wurde (seine 2 Frauen wurden begnadigt). Den Namen erhielt die Bucht jedoch nicht deswegen, sondern weil dort häufiger die im karibischen Ozean gefangenen Wale geschlachtet wurden, sodass die ganze Bucht blutrot gefärbt wurde.
Die ganze Atmosphäre dort gefiel uns aber nicht so sehr, sodass wir uns ein - dank Julias Verhandlungskünsten preiswertes - Taxi entlang der Küstenstraße zum Half Moon Beach nahmen. Dort war es sehr ruhig, das Riff brach die heftigen Wellen in der Ferne und es gab leckere Pina Coladas. Julia war immer noch sonnenbrandgeschädigt, es gefiel uns aber trotzdem extrem gut. Ab und zu kamen mal 2 Hunde vorbei, kamen mit baden, liessen sich streicheln und probierten einem die Plätze im Schatten zu stehlen :). Abends am Hotel angekommen saßen wir noch eine Weile an den Klippen und schauten den Wellen zu.
Julia mit 2 Hunden am Half Moon Beach
Trotz Schatten musste man ab und zu mal baden
Bedrohliche Abendkulisse am Hotel Der darauf folgende Tag sollte uns durchs Landesinnere an die Südküste führen, wo das Fischerdorf Little Bay uns einen noch nicht vom Tourismus erschlossenen Teil des Landes versprach. Wir verbrachten ein paar Stunden am Strand, lernten den Besitzer einer lokalen Strandbar kennen, der uns ein bisschen den Ort zeigte (Bob Marley's beim letzten Hurricane zerstörtes Haus) und zusagte, uns frische Hummer zum Mittagessen zu beschaffen und zu kochen. Am Strand konnten wir Krabben beobachten, die nach essen suchten und Julia fand eine riesengroße Muschel (die es sogar durch den Amerikanischen und Deutschen Zoll geschafft hat).
Little Bay
Seeigel
Krabbe
Typisches Fischerboot
Hummer und Ingwerbier zum Mittag
Den nächsten Tag verbrachten wir mit Faulenzen an den Klippen ums Hotel herum, das einzige Problem war dass ich mein Buch schon auf dem Flug ausgelesen hatte und wir uns beide einen mittelmäßigen Antarktiskrimi In Cold Pursuit von Sarah Andrews teilen, den ich vor ein paar Monaten neben meinem Briefkasten gefunden und meiner nicht geraden Bibliothek hinzugefügt hatte. Gegenseitiges Vorlesen löste das Problem.
Das Baden war übrigens aufgrund des Salzgehaltes der karibischen See sehr angenehm, man ging nicht unter. Mich irritierte das am Anfang ziemlich und es war nicht ganz leicht die fast automatischen Schwimmbewegungen die der Körper so macht wenn es um einen herum nass ist abzustellen. Wenn man sich daran gewöhnt hatte war es aber toll. Leider gab es keine vernünftige Zeitung die man stereotypisch hätte lesen können im Wasser.
Am Abend machte ich noch ein paar tolle Langzeitbelichtungen vom Meer und den Felsen rund ums Hotel herum.
Badeidylle auch ohne Strand
Felsen am Hotel
Der Strand in der Ferne
Hotelpool
Nach dem ganzen Faulenzen kam jetzt wieder ein aktiver Tag. In aller Frühe aßen wir wieder im Hotel und gingen dann an den Klippen rund ums Hotel schnorcheln. Ich habe noch nie im Meer geschnorchelt aber meine Australien-erfahrene Freundin weihte mich schnell in die wichtigsten Tricks ein (erst im Wasser die Flossen anziehen, in die Brille spucken hilft gegen Beschlagen ...).
Julias vorherige Erlebnisse hatten jedoch ihre Schattenseite: wenn man erstmal das Great Barrier Reef gesehen hat (und wohl noch schönere Riffe an der weniger überlaufenen Westküste) dann ist wohl die Karibik nicht mehr sehr spektakulär, besonders an den Felsklippen gab es zwar ein paar Fische, aber nur ein paar Korallen und Seeigel, ich war trotzdem schon begeistert.
Da ich schon auf den Geschmack gekommen war und Julia etwas gegen ihre Enttäuschung machen musste, beschlossen wir ein Bootstaxi zum der Küste vorgelagerten Riff zu nehmen. Die selbe Idee hatten auch Linda und Britt aus Colorado, und während wir uns in einem recht zweifelhaft konstruierten Boot (wie mache ich aus einem normalen Boot ein Glasbodenboot? Kein Problem, man nehme ein altes Fenster, eine Säge, ein paar Nägel und eine Tube Silikon zum Abdichten ....) immer weiter von der Küste entfernten kamen wir mit ihnen ins Gespräch und fanden beide supernett.
Am Riff angekommen wurden erst einmal ein paar Fische angefüttert (die netten Sorten, die man mit Brot statt mit halben Rindern anlockt), danach ging es auch gleich ins Wasser. Leider hatte sich der Himmel mittlerweile etwas zugezogen, sodass die Unterwasserwelt in weniger leuchtenden Farben erstrahlte. Ich war ziemlich begeistert, ständig schwammen Fische um einen herum, es gab überall Korallen und am Ende entdeckte mein Glückspilz Julia sogar einen Mantarochen. Britt und Linda, die jedes Jahr schnorcheln gehen hatten noch nie einen gesehen, es war also wirklich etwas besonderes.
Vom Boot wieder im Hotel abgesetzt holte ich für uns Jamaican Patties aus der Stadt, während Julia probierte wieder auf meine Seite des Krimis zu gelangen, da ich gemeinerweise vorausgelesen hatte und damit das gemeinsame Lesen über den Haufen warf :)
Der Rest des Tages verlief ruhig, es gab ein paar Cocktails von der Bar und wir schauten zusammen einen weiteren tollen Sonnenuntergang an (Westküste ist echt praktisch dafür).
Britt und Linda
Bunte Fische überall
Julias Mantarochen
Seeigel
Wer findet das Herz? :)
Sonnenuntergang
Hotelbar
Am nächsten und letzten Tag waren wir noch einmal Mitbringsel einkaufen (Jamaica Blue Mountain Kaffe für Mama und Papa, 3 Flaschen Jamaica-Rum für uns :) ) Den Rest des Tages verbrachten wir am Strand und am Hotel, etwas melancholisch dass unser Ausflug ins tropische Paradies schon bald vorbei sein sollte.
Abends waren wir dann noch auf der Suche nach dem besten Jerk Chicken der Stadt, dass es laut unserem Lonely Planet Reiseführer ein paar Minuten vom Hotel entfernt bei 3 Dives Jerk geben sollte. Die Wartezeit für das Essen war nicht unerheblich, wurde allerdings von einem wundervollen Blick auf die langsam über dem Meer untergehende Sonne versüßt. Wir genossen noch ein letztes mal die kulinarischen und optischen Köstlichkeiten Jamaicas und gingen dann zurück ins Hotel, denn früh um 6 ging es Richtung Flughafen.
Julia in Shoppinglaune
Ausblick vom 3 Dives Jerk
Sonnenuntergang an den Klippen
Jupp's Jerk Chicken und Julia's Jerk Fish (v.l.n.r.), ein paar Red Stripe Biere gabs auch dazu
Der Rest unserer Reise verlief relativ Ereignislos, mit der Ausnahme dass wir aufgrund eines Jumbojets voller Schweden und der furchtbar langsamen Einreiseabfertigung in Atlanta (mal wieder) unseren Anschlussflug verpasst haben. Wir hatten aber Glück und bekamen noch ein paar Plätze im nächsten Flieger und erreichten Minneapolis am frühen Abend (danke an Sean fürs Abholen!).